Erbfälle mit Auslandsbezug. Wichtige Änderungen durch die EU-Erbrechtsverordnung!

Bereits im August 2012 ist die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft getreten. Da sie jedoch erst auf Erbfälle ab dem 17.08.2015 Anwendung findet, sind die durch die Verordnung eintretenden Rechtsänderungen vielen noch nicht bekannt. Dies kann bei grenzüberschreitenden Erbfällen zu ungewollten Ergebnissen und ggf. bösen Überraschungen führen.

Erbrechtliche Fälle mit Auslandsbezug nehmen immer weiter zu. Der Auslandsbezug kann sich u.a. aus folgenden Umständen ergeben:

  • Der Erblasser hat Vermögen im Ausland (Immobilien oder Bar- und Wertpapiervermögen)
  • Der Erblasser hat seinen „Wohnsitz“ im Ausland
  • Ein ausländischer Staatsangehöriger verstirbt in Deutschland

Tritt dann der Erbfall ein stellt sich zunächst die Frage, welches Erbrecht (deutsches, spanisches, französisches etc.) überhaupt anzuwenden ist. Hierzu gibt es bisher keine einheitliche Regelung, so dass in Erbfällen mit Auslandsbezug oftmals unklare Verhältnisse entstehen. Einige Staaten stellen auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers ab, andere auf dessen letzten Wohnsitz oder dessen gewöhnlichen Aufenthaltsort und teilweise kommt es darauf an, wo sich das zu vererbende Nachlassvermögen befindet. In Deutschland gilt nach bisheriger Rechtslage das Staatsangehörigkeitsprinzip, d.h., es ist grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besaß.

Durch die uneinheitlichen Regelungen der einzelnen Staaten finden oftmals sogar gleich mehrere Erbrechtsordnungen nebeneinander Anwendung, die ggf. zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Verstirbt z.B. ein Deutscher mit Immobilienbesitz in Frankreich, gilt nach französischem Recht für diese Immobilie französisches Erbrecht. Das restliche Vermögen in Deutschland wird nach deutschem Recht vererbt. In diesem Fall kommt zu einer sog. Nachlassspaltung, die dem Erben in der praktischen Anwendung häufig enorme Schwierigkeiten bereitet. Diese Problematik soll durch die EU-Erbrechtsverordnung verbessert werden. Nach der EU-Erbrechtsverordnung ist für die ab dem 17.08.2015 eintretenden Erbfälle künftig weder die Staatsangehörigkeit des Erblassers noch die Belegenheit einer Immobilie entscheidend. Das maßgebliche Kriterium für die Ermittlung des anzuwendenden Erbrechts ist dann der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Verstorbenen im Zeitpunkt seines Todes. Hatte ein Deutscher seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt z.B. in Spanien, gilt für die rechtliche Behandlung seines Nachlasses dann das (unbekannte) spanische und nicht mehr das (bekannte) deutsche Erbrecht. Hierdurch kann es zu vom Erblasser nicht gewollten Ergebnissen kommen.

Anders als bei Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit kann jedoch schnell Streit über die Frage entstehen, wo der gewöhnliche Aufenthalt einer Person lag. Statt der im Regelfall leicht zu klärenden Frage der Staatsangehörigkeit muss zukünftig im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers festgestellt werden, wo dieser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. Um diesem Streit vorzubeugen können Sie durch eine formwirksame letztwillige Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) festlegen, dass entgegen der EU-Erbrechtsverordnung für Ihren Erbfall das Recht Ihres Heimatstaates gelten soll (Rechtswahl). Sollten Sie z.B. einen Alterswohnsitz in Spanien planen, können Sie hierdurch sicherstellen, dass deutsches Recht auf Ihren Erbfall Anwendung findet. Bei einer Testamentserrichtung sollte dies auf jeden Fall schon jetzt beachtet werden.

Zu beachten ist, dass die EU-Erbrechtsverordnung keine Anwendung bei Drittstaaten wie z.B. den USA findet. Zudem werden die Länder Dänemark, Irland und Großbritannien die Reform voraussichtlich nicht umsetzen, sodass es bei deren derzeitigen Regelungen verbleiben wird.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass bei Nachlassplanungen mit Auslandsbezug überprüft werden sollte, welches Erbrecht später einmal anwendbar sein wird. Wenn für den künftigen Erblasser die Anwendung seines Heimatrechts wichtig ist, sollte er durch eine formwirksame letztwillige Verfügung auf jeden Fall eine entsprechende Rechtswahl treffen. Bereits vorhandene letztwillige Verfügungen sollten daraufhin überprüft werden, ob aufgrund der durch die EU-Erbrechtsverordnung ab dem 17.08.2015 geänderten Rechtslage Anpassungsbedarf besteht. Am besten lassen Sie sich insoweit von einem spezialisierten Anwalt oder Notar beraten.

RECHTSANWALT CHRISTIAN GRAUEL
FACHANWALT FÜR ERBRECHT

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