Das gemeinschaftliche „Ehegattentestament“

Neben der Abfassung von gesonderten Einzeltestamenten hat der Gesetzgeber ausschließlich Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern die Möglichkeit eröffnet, ein gemeinschaftliches Testa-ment zu errichten. Im Folgenden sollen kurz die wesentlichen Merkmale dieser Testamentsform dar-gestellt werden.

Form des gemeinschaftlichen Testaments
Ein gemeinschaftliches Testament kann als eigenhändiges oder notarielles Testament errichtet wer-den. Die Besonderheit im Vergleich zum Einzeltestament ist, dass es für ein formwirksames eigen-händiges gemeinschaftliches Testament genügt, wenn ein Gatte dieses eigenhändig schreibt und es dann von Beiden unterzeichnet wird.

Verwahrung des gemeinschaftlichen Testaments
Das notarielle gemeinschaftliche Testament wird vom Notar beim Amtsgericht in Verwahrung gege-ben. Das eigenhändige gemeinschaftliche Testament kann ebenfalls persönlich oder durch den be-vollmächtigten Rechtsanwalt dort in amtliche Verwahrung gegeben werden. Das Gericht erhebt in beiden Fällen eine Gebühr, die sich nach der Höhe des Vermögens richtet.
Die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung ist nur durch beide Ehepartner gemeinsam und per-sönlich möglich. Die Wirksamkeit des eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments bleibt durch die Rücknahme unberührt. Die Rücknahme des notariellen Testaments führt hingegen automatisch zur Unwirksamkeit des Testaments!

Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments
In einem gemeinschaftlichen Testament können die gleichen Verfügungen wie in einem Einzeltesta-ment getroffen werden. Die entscheidende Besonderheit liegt jedoch in der Möglichkeit, sog. „wechselbezügliche“ Verfügungen zu treffen. Dies bedeutet, dass beide Verfügungen in ei-nem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, d.h., dass diese miteinander stehen und fallen sollen.
Zu beachten ist aber, dass nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen als wechselbezügliche Verfügungen getroffen werden können. Welche dieser Verfügungen wechselbezüglich sein sollen, entscheiden die Eheleute selbst.

Widerruf von Verfügungen des gemeinschaftlichen Testaments
Beim Widerruf ist von Bedeutung, ob es sich um einseitige oder um wechselbezügliche Verfügungen handelt. Einseitige Verfügungen kann jeder Ehegatte jederzeit ohne die Zustimmung des anderen widerrufen.
Wechselbezügliche Verfügungen müssen hingegen grundsätzlich gemeinsam widerrufen wer-den. Der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung durch einen Ehegatten allein kann nur durch eine notariell beurkundete Erklärung erfolgen, die dem anderen Ehegatten zwingend zugestellt werden muss. Der Widerruf kann also nicht heimlich erfolgen. Der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfü-gung hat zur Folge, dass damit automatisch auch die mit dieser verbundenen Verfügung des anderen Ehegatten unwirksam wird.

Unwirksamkeit bei Scheidung
Das gemeinschaftliche Testament wird grundsätzlich unwirksam, wenn die Ehe durch rechtskräftiges Scheidungsurteil geschieden wird. Ausnahmsweise bleiben die Verfügungen jedoch wirksam, wenn anzunehmen ist, dass sie zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung auch für den Fall der Scheidung getroffen worden sind.

Bindungswirkung nach dem Tod des Erstversterbenden
Sobald ein Ehegatte verstirbt, werden die wechselbezüglichen Verfügungen grundsätzlich bindend und können nicht mehr widerrufen werden. Der überlebende Ehegatte kann seine Verfügung dann nur noch aufheben, wenn er die Zuwendung des Verstorbenen ausschlägt. Darüber hinaus kann der über-lebende Ehegatte unter bestimmten Voraussetzungen sowohl die wechselbezüglichen Verfügungen des Verstorbenen als auch seine eigenen anfechten. Durch die Anfechtung seiner eigenen wechsel-bezüglichen Verfügungen wird gleichzeitig die mit dieser verbundene Verfügung des verstorbenen Ehegatten unwirksam.

Der wesentliche Sinn und die Wirkung des gemeinschaftlichen Testaments lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen:

  • Möglichkeit zur engen Verknüpfung von testamentarischen Verfügungen;
  • lebzeitige Sicherheit vor nicht gewollten Verfügungen und Änderungen durch den Partner;
  • Einschränkung der Testierfreiheit nach dem ersten Todesfall.

Da das gemeinschaftliche Testament zwar viele Vorteile und Gestaltungsmöglichkeiten bietet, andererseits aber auch Risiken in sich birgt, sollte auf professionellen Rat nicht verzichtet werden!

RECHTSANWALT CHRISTIAN GRAUEL
FACHANWALT FÜR ERBRECHT

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