Erbe geworden, wie geht’s weiter?
Wenn ein naher Angehöriger verstirbt, ist das für die Hinterbliebenen meist schwer zu verarbeiten. Sich in dieser Situation auch noch damit auseinanderzusetzen, dass man ggf. Erbe geworden ist und was das im Einzelnen bedeutet, stellt für viele eine zusätzliche Belastung dar. Es ist daher empfehlenswert, sich schon im Vorfeld mit der Frage zu beschäftigen, was nach einem Erbfall zu tun bzw. worauf zu achten ist.
Gibt es ein Testament?
Die gesetzliche Erbfolge kommt nur zur Anwendung, wenn der Erblasser kein wirksames Testament hinterlassen hat, sodass diese Frage als erstes geklärt werden muss. Wenn beim Amtsgericht ein Testament des Verstorbenen hinterlegt wurde, wird es dieses nach Kenntniserlangung vom Todesfall eröffnen und die Beteiligten vom sie betreffenden Inhalt informieren. Testamente, die nur privat auf-bewahrt wurden, sind umgehend beim Nachlassgericht abzuliefern. Hierzu besteht eine gesetzliche Verpflichtung und wer dies unterlässt, kann sich strafbar machen.
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Der Nachlass des Erblassers geht mit dem Tod zunächst automatisch auf den Erben über. Er muss dann entscheiden, ob er das Erbe annimmt oder ausschlägt. Die Annahme kann durch ausdrückliche Erklärung, darauf hindeutendes schlüssiges Verhalten (z.B. Beantragung eines Erbscheins, Verkauf von Nachlassgegenständen etc.), vor allem aber auch durch Verstreichenlassen der Ausschlagungs-frist erfolgen. Schon bloße Untätigkeit führt also dazu, dass man das Erbe annimmt! Wenn sicher feststeht, dass der Nachlass überschuldet ist, wird man im Regelfall das Erbe ausschlagen. Die Aus-schlagung muss entweder persönlich zur Niederschrift gegenüber dem Nachlassgericht oder in öffent-lich beglaubigter Form vor einem Notar erklärt werden. Die Ausschlagungsfrist beträgt 6 Wochen und beginnt in dem Moment zu laufen, in dem man weiß, dass man Erbe geworden ist. Nur ausnahmswei-se beträgt die Frist 6 Monate, wenn entweder der Erblasser seinen ausschließlichen Wohnsitz im Aus-land hatte oder der Erbe sich bei Fristbeginn im Ausland befand.
Abwicklung der vertraglichen Beziehungen des Erblassers
Teilweise enden vertragliche Beziehungen des Erblassers mit dem Tod und teilweise bestehen diese fort und müssen daher vom Erben ggf. gekündigt werden, wie z.B. Mietvertrag, Telefon, Zeitungsabo. Der Erbe sollte auch daran denken, eventuell vom Erblasser über den Tod hinaus erteilte Vollmachten zu widerrufen. Andernfalls kann der Bevollmächtigte weiterhin Geschäfte für und vor allem zu Lasten des Nachlasses vornehmen.
Nachweis der Erbenstellung
Der Nachweis der Erbenstellung kann im Geschäftsverkehr durch Vorlage eines Erbscheins oder eines öffentlichen (notariellen) Testaments mit Eröffnungsprotokoll des Gerichts erbracht werden. Der zum Erben berufene kann die Erteilung des Erbscheins formgerecht beim zustän-digen Amtsgericht beantragen.
Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen
Sollte der Erblasser durch ein Testament seine nächsten Angehörigen (Abkömmlinge, Ehepartner/eingetragener Lebenspartner, Eltern) enterbt haben, stehen diesen Personen ggf. Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Erben zu. Der Erbe ist in diesem Fall verpflichtet, den Pflichtteilsberechtigten durch ein ordentliches Nachlassverzeichnis die Auskünfte zu erteilen, die zur Berechnung von deren Pflichtteilsansprüchen notwendig sind. Dieses kann sogar in notarieller Form verlangt werden. Daneben besteht gegenüber dem Erben ein Anspruch auf Werter-mittlung, bei Grundbesitz z.B. auf die Vorlage eines Sachverständigengutachtens.
Erbenhaftung
Der Erbe haftet für die Schulden, die der Verstorbene hinterlassen hat. Dabei ist zu beachten, dass der Erbe grundsätzlich nicht nur mit dem ererbten Vermögen, sondern auch mit seinem übrigen Ver-mögen voll in Anspruch genommen werden kann. Zum Schutz des Erben hat der Gesetzgeber jedoch Möglichkeiten geschaffen, die Haftung auf das ererbte Vermögen zu beschränken. Dies geschieht in der Praxis beispielsweise durch die Beantragung der Nachlassverwaltung bzw. Nachlassinsolvenz.
RECHTSANWALT CHRISTIAN GRAUEL
FACHANWALT FÜR ERBRECHT
Die Texte wurde gemäß den anwaltlichen Sorgfaltspflichten erstellt. Jede Haftung für den Inhalt und die Aktualität bleibt jedoch ausgeschlossen. Eine Einzelfallberatung durch unsere Rechtsanwälte wird durch den Text nicht ersetzt.