Immobilien im Nachlassvermögen

Im Vergleich zu einem geerbten Geldvermögen gestaltet sich die Auseinandersetzung bzw. Verwaltung von Immobilien im Nachlassvermögen deutlich schwieriger. Dies sollte vom zukünftigen Erblasser am besten schon vorsorglich bei seiner geplanten Nachlassregelegung bedacht werden.

Problematisch sind insoweit die Fälle, in denen mehrere Erben vorhanden sind und es keine konkrete Regelung im Testament oder Erbvertrag gibt, wodurch die Immobilie einem bestimmten Erben zugewiesen wird. Die Immobilie befindet sich dann im sogenannten Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Dies bedeutet, dass Verfügungen über die Immobilie grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Miterben zulässig sind. Keiner darf darüber hinaus eigenmächtig ohne Zustimmung der anderen Entscheidungen hinsichtlich einzelner Verwaltungsmaßnahmen treffen oder gar Veränderungen vornehmen, es sei denn, dass es sich um zwingend notwendige Sofortmaßnahmen handelt (z.B. Wasserrohrbruch). Dies führt oft zu praktischen Schwierigkeiten und birgt die erhebliche Gefahr von Unstimmigkeiten oder sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Wenn sich die Erben nicht einig werden, wer die Immobilie übernimmt oder wenn bei einem möglichen Verkauf keine Einigung über den angemessenen Kaufpreis erzielt werden kann, verbleibt die Immobilie oftmals über viele Jahre hinweg in ungeteilter Erbengemeinschaft. Jede einzelne Entscheidung kann dabei zu erbittertem Streit und im Ergebnis dazu führen, dass gar kein Entschluss gefasst wird. Hierdurch können Schäden zu Lasten aller Beteiligten entstehen, wenn z.B. notwendige Reparaturen bzw. Erhaltungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden oder bei vermieteten Objekten mögliche Mieterhöhungen oder erforderliche Kündigungen unterbleiben.

Die aufgezeigten Schwierigkeiten vervielfältigen sich wenn einer der Miterben vor der Aufteilung des Nachlasses bzw. der Nachlassimmobilie selbst verstirbt. Dessen Erben (weitere Erbengemeinschaft!) treten dann an seine Stelle in der bereits bestehenden Erbengemeinschaft. Die Miterben dieses neuen Erbfalls müssen sich dann wiederum erst einigen, wie sie ihre gemeinsame Stimme über den geerbten Erbteil ausüben. Man spricht insoweit von verschachtelten bzw. mehrstufigen Erbengemeinschaften, die in der Praxis immer häufiger werden.

Wichtig zu wissen ist, dass im Regelfall jedoch keiner der Miterben auf Dauer gezwungen werden kann, in einer bestehenden Erbengemeinschaft zu verbleiben. Bei Immobilien hat der einzelne Miterbe daher jederzeit und ohne Angabe von Gründen das Recht, die sogenannte Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen. Das Gericht wird auf den ordnungsgemäß gestellten Antrag hin die Durchführung der Teilungsversteigerung durch Beschluss anordnen und das Grundbuchamt darum ersuchen, einen Versteigerungsvermerk im Grundbuch einzutragen. Dieser Beschluss hat die sofortige Beschlagnahme der gesamten Immobilie zur Folge und wird vom Gericht automatisch allen Miterben zugestellt. Allein dies führt oftmals dazu, dass wieder Bewegung in festgefahrene Verhandlungen kommt und gegebenenfalls doch noch eine einvernehmliche Regelung über das Schicksal der Immobilie gefunden werden kann. Das Teilungsversteigerungsverfahren selbst stellt im deutschen Recht eine Besonderheit mit eigenständigen Regeln dar, die vom Umfang her nur in einem eigenen Artikel skizziert werden können

Um befürchteten Streit von vornherein zu vermeiden und der Verschleuderung von Vermögenswerten vorzubeugen sollte die Entstehung einer Erbengemeinschaft insbesondere an Immobilien möglichst vermieden werden. Andernfalls sollten zumindest klare Anordnungen für die Verwaltung und Verteilung des Nachlasses getroffen werden. Insoweit kommt auch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers in Betracht, der mit der Aufgabe der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft oder der Verwaltung des Nachlassvermögens betraut wird.

RECHTSANWALT CHRISTIAN GRAUEL
FACHANWALT FÜR ERBRECHT

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